Gemeinsam mit dem österreichischen Schriftsteller Günther Peer freut sich der Verlag über die Neuerscheinung des Romans "Die verbotene Liebe des Kastraten". Thematisiert werden Themen wie Machtmissbrauch und Pädophilie in der Kirche. Alles eingebettet im frühneuzeitlichen Italien. Der Autor stellte sich unseren Fragen.
Mit Ihrem neuen Roman behandeln Sie ein Thema, das heute sehr im gesellschaftlichen Diskurs ist. Um welche Problematik geht es bei dem Leben des Sängerknaben Alessandro?
Der 13-jährige Jüngling Alessandro wird in einem Kloster auf brutale Weise kastriert, um seine schöne Stimme zu erhalten, ohne zu ahnen, was für Folgen daraus für sein weiteres Leben entstehen. Die Geschichte erzählt auch das unsagbare Leid in einem Konvikt in Neapel, wo er sadistischen Erziehern ausgeliefert war, sowie der ständigen Angst, ob er Erfolg haben wird oder nicht, und wie seine Zukunft aussehen wird. Dabei verstrickt er sich in Fehler und muss erkennen, dass Liebe mehr zählt als Ruhm und Erfolg.
Welche persönlichen Beweggründe hatten Sie bei Erstellung des Romans?
Ich habe mir immer meine persönlichen Erlebnisse als Novize in einem Benediktinerorden vor Augen geführt. Die Entbehrungen, die Erwartungen die der Abt an mich hatte und vor allem, dass ich auf meine vielen Fragen keine Antwort bekam. Ich sollte auf die Gnade Gottes vertrauen. Dazu fehlte mir allerdings der Mut und die Einsicht. Und auch ich habe mich in Fehler verstrickt, wie Alessandro in meinem Roman. Schließlich bin ich schweren Herzens aus dem Orden ausgetreten.
Wie geht Alessandro in den ersten Jahren seines Kastratendaseins mit den neuen Herausforderungen um?
Alessandro ist jung, voller Erwartungen an das Leben, hatte keine schulische Ausbildung, kannte nur das einfache Landleben. Deshalb wurde er vom Leben überrascht, wusste nicht so recht wie mit den Menschen und seinen Gefühlen umzugehen. Er ist neugierig, wissbegierig, ist sich aber auch seiner einmaligen Stimme und seiner Schönheit bewusst, was er zu nutzen wusste. Als er gelernt hatte damit umzugehen, wurden ihm seine folgenschweren Fehler bewusst, und ist daran zerbrochen.
Entwickelt er in späterer Zeit Strategien, um mit den bleibenden Herausforderungen klarzukommen?
Vom Leben und vom Ruhm durch die Einmaligkeit seiner Stimme überrascht, wusste er nicht wie damit umzugehen. Seine einzige Bezugsperson war Kardinal Albizzi, der Macht, Geld und Ruhm besaß und Alessandro für seine persönlichen Bedürfnisse „benutzte“. Obwohl man dem Kardinal zugutehalten muss, dass er den Kastraten aufrichtig liebte. Menschen die lieben, müssen sich dafür nicht rechtfertigen, auch wenn ihre Liebe außerhalb der Norm steht.
Mit welcher Reaktion rechnen Sie bei Ihrem Publikum, wenn etwa bei Lesungen aus dem Roman vorgetragen wird?
Ich denke der Zuhörer und Leser wird erstaunt sein, von der detailreichen Schilderung des geistlichen Lebens und der Schönheit einer Liebe zwischen zwei Männern. Vor allem aber auch, welche Charaktere man den Hauptpersonen der Handlung, dem Kardinal und dem Kastraten, aber auch anderen Schlüsselpersonen, wie etwa Monsignore Michele oder Papst Urban, zugeschrieben hat.
Wird der päpstliche Knabenchor in den Genuss eines Fortsetzungsromans kommen?
Vorläufig gibt es keine Fortsetzung zu den päpstlichen Sängerknaben, werde das Thema aber im Auge behalten und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen. Wohl aber schreibe ich bereits an einem neuen historischen Roman in einem Kloster des 17. Jahrhunderts, wo unschuldige, naive Novizen und bigotte Mönche in ein Intrigenspiel verwickelt werden. Vor allem wird man interessante Charaktere kennenlernen, die man in einem Kloster nicht vermuten würde. Dabei werden persönliche Erfahrungen und Erlebnisse aus meiner Klosterzeit in die Geschichte einfließen. Der Roman – mit dem Titel „Verschwörung im Kloster“ – wird nichts an Spannung und detailtreue vermissen lassen.
Das Interview führte Christian Leeck.
Wuppertal, im September 2024.